EINFÜHRUNGSVORTRAG ZUR AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG

VON HERRN JÜRGEN DERSCHEWSKY; OLDENBURG

Leben und Werk von Otto Blanck

Der Maler Otto Blanck wurde am 4. März 1912 im damaligen Rüstringen, jetzt Wilhelmshaven, im Stadtteil Siebetsburg als Sohn des Schiffszimmermanns Wilhelm Blanck und dessen Ehefrau Annchen Blanck, geb. Röben, geboren. Die Mutter stammte aus Büppel bei Varel, der Vater aus Robe in Pommern. Er arbeitete als gelernter Schiffszimmermann auf der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven und konnte so der Familie ein finanzielles Auskommen bieten. 1915 starb der Vater; die Mutter nahm eine Stelle als Reinigungskraft auf der Wilhelmshavener Werft an, um den Lebensunterhalt der Familie sicherstellen zu können.

Lehrzeit und Berufstätigkeit

1918 wurde Otto Blanck in die Volksschule in Wilhelmshaven eingeschult. Bereits nach kurzer Zeit fiel auf, dass er sehr gerne zeichnete und malte. Er hatte offenbar Talent dafür und konnte sehr geschickt mit dem Zeichenstift umgehen. Im Alter von 14 Jahren verließ er nach achtjährigem Schulbesuch die Schule und wurde Lehrling bei dem Malermeister Onnen in Wilhelmshaven; die Lehrzeit dauerte von 1926 bis 1930. Nach der Gesellenprüfung arbeitete Blanck u. a. bei dem Malermeister Thoben in Wilhelmshaven.

Bis zu seinem 25. Lebensjahr verdiente Blanck seinen Lebensunterhalt als Maler und Anstreicher. In seiner Freizeit hatte er sich jedoch immer künstlerisch betätigt und sah plötzlich die Chance, sein künstlerisches Talent in einen entsprechenden, anspruchsvolleren Beruf einzubringen. 1937 wurde er Bühnenmaler beim Stadttheater in Wilhelmshaven. Er entwarf Bühnenbilder und malte Kulissen für Theaterstücke.

Als Anfang 1938 die „Provinzialstelle für Marschen- und Wurtenforschung“ in Hannover eine Abteilung in Wilhelmshaven etablierte, bewarb er sich mit einigen Zeichnungen auf eine Stelle als Grabungszeichner. Aufgrund der vorgelegten Arbeiten bekam er einen Anstellungsvertrag und verließ das Stadttheater Wilhelmshaven.

Die neue Tätigkeit verschaffte Otto Blanck Zufriedenheit, weil sie anspruchsvoller war und er bei der Arbeit seine zeichnerischen Fähigkeiten ständig anwenden und verfeinern konnte.

Wie sich herausstellte erhielt er seinen Lohn, der ihm für die Arbeit zustand, nicht immer regelmäßig, weil die Marschen- und Wurtenforschung unter immer wiederkehrender Geldknappheit litt und auf Fördermittel oder Spenden angewiesen war. Die Arbeit gefiel ihm jedoch so gut, dass er dabeiblieb und die finanziellen Unwägbarkeiten in Kauf nahm.

Ein weiterer Zeichner im Institut war der 1913 geborene Wilhelmshavener Maler und Grafiker Heinz Janszen (1913–1960), mit dem Blanck bereits vor ihrer gemeinsamen Tätigkeit befreundet war. Sie verbrachten einen Großteil ihrer Freizeit miteinander und hatten 1937, gemeinsam mit einigen weiteren Malerfreunden, darunter dem später im Krieg gefallenen Adi Bender, eine Reise entlang der südlichen Ostseeküste unternommen. Über Rügen gelangte die Reisegruppe bis nach Robe, der Heimatstadt von Blancks Vater. Im künstlerischen Nachlass Blancks befinden sich etliche Arbeiten, die auf dieser Reise entstanden sind. Etwas später unternahm Blanck eine weitere Reise mit Künstlerfreunden an den Rhein bis hinauf zum Schwarzwald.

Kriegsdienst und Gefangenschaft

Während seiner Tätigkeit in der Marschen- und Wurtenforschung lernte Blanck Hildegard Hoppe kennen, die dort ebenfalls eine Anstellung gefunden hatte. Beide heirateten im Mai 1940. Nur wenige Tage nach der Heirat erhielt er am 10. Juni 1940 seine Einberufung zur Wehrmacht, zunächst mit Standort Oldenburg–Kreyenbrück. Er gehörte zunächst dem Bau-Ersatz-Bataillon 10 an und wurde vom 23. August 1940 bis in den Oktober hinein nach Brüssel verlegt. Anschließend erhielt er fast ein Jahr lang Arbeitsurlaub von der Wehrmacht, so dass er nach Wilhelmshaven zurückreisen und seine Arbeit bei der Marschen- und Wurtenforschung wieder aufnehmen konnte. Zu seinem Tätigkeitsfeld gehörte auch die Teilnahme an archäologischen Grabungen, die beim Bunkerbau in Wilhelmshaven im Mühlenweg vorgenommen wurden. Außerdem übernahm er die zeichnerische Dokumentation der Arbeiten und möglicher vorgeschichtlicher Funde.

Nur wenig später wurde er erneut einberufen und zur 6. Armee nach Russland abkommandiert. Während dieser Zeit hatte er Gelegenheit, sich in Russland und am Schwarzen Meer als Maler zu betätigen. Er schuf unter anderem auch Wandgemälde.

1942, kurz vor dem Zusammenbruch der 6. Armee, erkrankte Blanck an Fleckfieber und wurde nach Hamburg ausgeflogen. Nach seiner Genesung wurde er zunächst zu einer Einheit in Lüneburg verlegt, durfte dann jedoch von Weihnachten bis Anfang März 1943 zu einem Genesungsurlaub zu seiner Familie nach Wilhelmshaven zurückkehren.

Anschließend wurde er von Wilhelmshaven über Hamburg - Wandsbeck nach Italien geschickt: Als Angehöriger des Afrika - Korps kam er nach Tunesien. Bei der Überfahrt wurde der Truppentransport mehrfach von Bombern angegriffen. Mit Glück überlebte Otto Blanck die Schiffspassage, am 11. März 1943 traf er in Tunesien ein. Seine Teilnahme am Krieg nahm jedoch schon nach wenigen Wochen eine dramatische Wende mit der Kapitulation des Afrika - Korps im Mai 1943. Blanck geriet in französische Kriegsgefangenschaft und wurde in Nordafrika im Lager Sidi Yahia interniert: Am 19. Mai 1943 schrieb er seinen ersten Brief in die Heimat (Gefangenennummer T 71956, Lager 16, Sidi-Yahia). Blanck wurde während seiner Kriegsgefangenschaft zunächst im Straßenbau eingesetzt. Es sprach sich allerdings schon nach kurzer Zeit unter den Lagerinsassen und Aufsehern herum, dass er versierter Zeichner und Maler war. In Folge erhielt er von Franzosen Arbeitsaufträge. Von der Qualität seiner Arbeiten überzeugt, versorgten sie ihn mit Papier und Farben. Zudem erhielt er die Erlaubnis, das Lager auch ohne Bewachung verlassen zu dürfen, um sich der Aquarellmalerei und dem Zeichnen zu widmen. Das Vertrauen, dass ihm entgegengebracht wurde, quittierte er, indem er viele seiner Arbeiten an französische Offiziere verschenkte.

Vermutlich im September 1947 wurde er nach vierjähriger Gefangenschaft nach Frankreich verlegt und arbeitete auf einer Plantage in Le Pouzin in der Ardeche. Sieben Monate später, im Sommer 1948, wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und kehrte nach Wilhelmshaven zurück.

Nachkrieg

Blanck erhielt erneut seinen alten Arbeitsplatz als Zeichner bei der mittlerweile umbenannten Landesstelle für Marschen- und Wurtenforschung und traf dabei auch seinen alten Freund Heinz Janszen wieder. Dieser hatte in den vergangenen Jahren intensiv künstlerisch gearbeitet und 1945 eine gemeinsame Ausstellung mit Diedrich Janßen-Jennelt (1889-1983) in der „Truhe“ von Hein Behrens gehabt.

1947, als Otto Blanck sich noch in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft befand, gründete der Wilhelmshavener Erich Eichweber (1908-1948) gemeinsam mit Heinz Janszen und dem aus Nürnberg stammenden Oskar Rieß (1903-?) sowie dem Oldenburger Maler Alfred Bruns (1907-1974) die Künstlergruppe „Der Keil“. Die Gruppe stellte ihre Arbeiten zunächst im Januar 1948 in Nürnberg und im Februar desselben Jahres in der damaligen Galerie Schwoon in Oldenburg aus. 1949 folgte eine Ausstellung in der Wilhelmshavener Kunsthalle. Zu dieser Zeit war der Gründer Erich Eichweber jedoch bereits verstorben und die Künstlergruppe hatte sich in Folge aufgelöst.

Janszen nahm den Namen der Künstlergruppe „Keil“ ernst und suchte entsprechend spaltend zur Mitte des Seins, zum Ursprünglichen und Schöpferischen, vorzudringen. Blanck hingegen hatte in der Gefangenschaft die Aufbruchsstimmung und die neuen Kunstströmungen in seiner Heimat nicht wahrgenommen. Er blieb unbeeinflusst davon und widmete sich weiter der gegenständlichen Malerei, die sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreute. Obwohl sich beide Künstler stilistisch voneinander entfernten und andere Auffassungen von Inhalt und Ausdruck der Malerei entwickelten, litt ihre Freundschaft erstaunlicherweise nicht.

Im Rahmen einer Weihnachtsausstellung 1948 stellte Otto Blanck in der Kunsthalle Wilhelmshaven Aquarelle aus, die während seiner Gefangenschaft in Afrika entstanden waren. Sie fanden unter den Besuchern viel Beachtung.

Im folgenden Jahr verlegte er seinen Wohnsitz von Wilhelmshaven nach Oldenburg, weil ihm sein dort lebender Schwager Adolf Butt eine Anstellung als Malergeselle angeboten hatte und die beruflichen sowie finanziellen Perspektiven verlockend erschienen. Außerdem wollte er möglichst schnell seine Meisterprüfung ablegen, um sich danach selbstständig machen zu können. Die Familie wohnte aus finanziellen Gründen weiterhin in Wilhelmshaven, während Blanck in Oldenburg die Meisterschule für das Malerhandwerk besuchte.

Im selben Jahr lernte er in Oldenburg während einer kurzfristigen Anstellung bei der Firma Röben die Maler Emil Brose (1901-1962) und Johann Ransleben (1906-1980) kennen. Die beiden bevorzugten, ebenso wie er, die Landschaftsmalerei. Man tauschte sich aus, freundete sich an und besuchte sich hin und wieder.

Geschäftsgründung

1952 legte Blanck die Meisterprüfung mit Auszeichnung ab und hatte nun die Möglichkeit, in Oldenburg ein eigenes Geschäft aufzubauen. Während die Familie in der Schlieffenstraße ein neues Zuhause fand, machte sich Blanck mit zwei Gesellen und zeitweilig einem Lehrling selbstständig. Obwohl die Weiterbildung zum Malermeister und der Beruf ihn sehr gefordert hatten, nahm er dennoch jede sich bietende Gelegenheit war, um mit dem Fahrrad auf der Suche nach geeigneten Motiven durch die Natur zu fahren.

Zusammen mit Brose, der sich 18 Jahre lang in Dresden als Künstler betätigt hatte und 1938 nach Oldenburg gekommen war, unternahm er zum Teil ausgedehnte Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung, die sie nach Ostfriesland, ins Ammerland, in die Wesermarsch und in die Sielorte der Nordsee führten. Dabei besuchten sie einige Male den Maler Franz Radziwill (1895 - 1983).

Während des Malens in der Natur legten sowohl Blanck als auch Brose Wert darauf, ihre Arbeiten noch vor Ort zu beenden. Eine Fertigstellung der Arbeiten zu einem späteren Zeitpunkt im Atelier lehnten sie ab. Allenfalls Korrekturen, die erforderlich wurden, wenn die nassen Bilder beim Transport Kontakt zu anderen Materialien fanden und es dadurch zu Verwischungen der Ölfarbe kam, wurden von ihnen akzeptiert und ausgeführt.

Blanck bestritt in erster Linie seinen Lebensunterhalt durch sein Malergewerbe. Hin und wieder erhielt er Aufträge, Häuser oder Bauernhöfe zu malen. Zudem war es damals noch üblich, unaufgefordert Gemälde eines Bauernhofes zu malen und danach den Hofbesitzern zum Kauf anzubieten.

Emil Brose trat Anfang der 50-iger Jahre dem Oldenburger Bund Bildender Künstler bei und übernahm 1953 die Leitung der Ausstellungsgruppe „Freie Gruppe“ im BBK. Blanck wurde 1955 Mitglied dieser Gruppe.

Die Freundschaft mit Brose, Ransleben und Janszen pflegte Blanck so intensiv, dass es immer wieder zum wertvollen Gedankenaustausch untereinander kam. Blanck und Brose hatten mehrfach die Gelegenheit, ihre Arbeiten gemeinsam in Ausstellungen zu präsentieren. 1957 hatten Blanck und Janszen, der mittlerweile ebenfalls dem BBK beigetreten war, im Oldenburger Schloss eine Ausstellung.

1960, Blanck war mittlerweile in die Egerstraße umgezogen, starb sein Freund Heinz Janszen im Alter von sechsundvierzig Jahren; bereits zwei Jahre später starb auch Emil Brose im Alter von einundsechzig Jahren.

Ausstellungen

Bis zu seinem zweiundsechzigsten Lebensjahr führte Otto Blanck den Malerbetrieb, dann ging er 1974 in den Ruhestand. Neben einer großen Anzahl Auslandsreisen, die er mit seiner Frau unternahm, widmete er sich nur noch der Malerei. In den folgenden acht Jahren nahm er an über dreißig Ausstellungen innerhalb des BBK teil, die ihn unter anderem nach Goslar, Groningen, Hannover, Varel, Nordenham, Wilhelmshaven, Emden, Bonn, Hude und Stade führten.

Oldenburg jedoch blieb der Mittelpunkt seiner Ausstellungstätigkeit. Im März 1955 hatte Blanck im Oldenburger Stadtmuseum eine Ausstellung mit dem Titel „Bilder aus dem Süden“. Der Kulturausschuss der Stadt Oldenburg beschloss 1963 den Ankauf eines seiner Gemälde. Seine letzte Ausstellung anlässlich des 35-jährigen Bestehens des BBK am 16. Mai 1982 erlebte der Maler nicht mehr. Vier Tage vor der Ausstellungseröffnung starb er überraschend.

Otto Blanck wurde in Oldenburg auf dem Friedhof der Auferstehungskirche beigesetzt.

Eine nachträgliche Würdigung erfuhr er 1998 durch eine Ausstellung seiner Arbeiten im Rahmen der Kunstmeile in Leer. Ehrung und Wertschätzung war zudem die Aufnahme seiner Kurzbiografie in das Künstlerlexikon Saur.

Als Künstler war Blanck in erster Linie ein Landschaftsmaler, der sich dem Gegenständlichen verpflichtet sah. Viele seiner Ölgemälde oder Aquarelle sind impressionistisch geprägt. Die stets neuen Natureindrücke, die auf Blanck während seiner Touren ins Ostfriesische und im Oldenburger Raum wirkten, machten eine schnelle Malweise erforderlich - schließlich wollte er sich an diesen Tagen nicht nur an einem Ort aufhalten, sondern weitere Eindrücke an anderer Stelle festhalten. Deshalb entwickelte der Maler einen eigenen und unverkennbaren Malstil: Heitere Farben, luftige wie pastose, geschickt angeordnet, geben seinen Bildern eine ganz besondere Ausstrahlung.

Dabei verfing er sich nicht in zeitraubender Detailarbeit, sondern setzte die Farben in der Fläche des Bildes so geschickt nebeneinander, dass eine große Raumtiefe entstand. Dieser manchmal skizzenhafte Malstil lässt gleichwohl nie den Eindruck aufkommen, das Gemälde sei unvollendet. Blanck ging es darum, die Stimmung und die Eindrücke, die gerade in diesem Moment auf ihn einwirkten, festzuhalten.

Die Werke, die er im Laufe seines Lebens schuf, spiegeln ein Stück intakte, aber doch zerbrechliche und vergängliche Natur wider. Heute sind seine Arbeiten deshalb auch zeitgeschichtlich wertvoll: Sie dokumentieren ein Stück Vergangenheit und Geschichte - so wie damals, als er Zeichner bei der Marschen- und Wurtenforschung war und Gegenstände, die bei Ausgrabungen dem Erdreich entnommen wurden, auf Papier festhielt.    

Jürgen Derschewsky

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